Archiv für den Monat: September 2014

Investorenschutz gibts es nur durch unabhängige Schiedsgerichte im neutralen Ausland.

ISDS steht für Investor-State Dispute Settlement – internationale Streitschlichtungsverfahren – zwischen Unternehmen und Staaten im Fall von Schädigungen der Investitionen durch staatliche Maßnahmen.

Bei der Diskussion über das Freihandelsabkommen TTIP und die darin enthaltenen Bestimmungen über neutrale Schiedsgerichte wird von den Gegnern des Abkommens so getan, also ob die bösen „ausländischen Konzerne“ sich durch Schadensersatzansprüche wegen staatlicher Eingriffe auf Kosten der Bürger bereichern wollten oder könnten.

Der Anspruch auf Schadensersatz setzt aber voraus, dass durch rechtlich verbindliche Normen am Ort der Investitionen ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, der diesen Investitionen zu Grunde liegt und dass nachfolgend durch einen staatlichen Eingriff, eine Enteignung, einen enteignungsgleichen Vorgang, eine Amtspflichtverletzung oder gar vorsätzlich rechtswidriges Handeln der staatlichen Verwaltung der Investor einen nachgewiesenen Schaden erleidet.

Die Kritiker der vorgesehenen unabhängigen Schiedsgerichte verschweigen, dass es begreiflicherweise kein aussichtsreiches Geschäftsmodell sein kann, im Ausland viel Geld zu investieren, dieses Geld durch einen schädigenden Akt eines Staates zu verlieren und es dann in einem Prozess mit ungewissem Ausgang und erheblichen Zusatzkosten vor dessen Gerichten als „Ersatz des Schadens“ zurückzufordern. Selbst dem Dümmsten sollte einsichtig sein, dass niemand durch den bloßen Ersatz eines erlittenen Schadens reicher werden kann.

Wie aber solche Schadensersatzklagen gegen den deutschen Staat vor deutschen Gerichten ausgehen ist an den Verfahren vor den Zivilgerichten in Berlin und Karlsruhe gegen die Treuhandanstalt wegen der fehlgeschlagenen Privatisierung des Aufbau-Verlages zu sehen. Durch ganz unverblümte und willkürliche Rechtsbeugung wird der Staat hier zulande in jedem Fall, in dem es um größere Beträge geht, von den Gerichten vor Ansprüchen geschützt, denn nicht die Rechtssprechung ohne Ansehung der Person, sondern die Staatskasse gilt der deutschen Justiz als höchstes Gut.

Das ist allerdings in den meisten Staaten der Welt so. Über Japan schrieb in der Süddeutschen Zeitung vom 11.10.2014 Christoph Neidhart ganz selbstverständlich: „In Japan gilt, je höher das Gericht, umso eher urteilt es zugunsten des Mächtigen.“ Was kann dann ein Kläger erwarten, der nicht nur irgendeinen Mächtigen, sondern sogar den dort „Mächtigsten“, nämlich den japanischen Staat verklagt? In der großen Mehrheit aller Staaten lohnt es sich für kein Opfer staatlicher Willkür, gegen den dortigen Staat vor ein lokales Gericht zu gehen. Unabhängig von der Rechtslage ist der Ausgang solcher Prozesse vorhersehbar und in vielen dieser Staaten muss der Kläger auch noch um sein Leben fürchten.

In den USA werden immer mal wieder auch staatliche Behörden, wenn sie einen Schaden schuldhaft verursacht haben, von den tatsächlich unabhängigen Gerichten auch zu hohen Schadensersatzzahlungen an private Kläger verurteilt. Das liegt wohl daran, dass dort die Richter vom Volk gewählt werden und eine Jury aus Bürgern den Fall beurteilt. Deshalb wäre es ein unfairer Vorteil für deutsche Unternehmen, deren Investitionen in den USA von tatsächlich unabhängigen Gerichten geschützt werden, während amerikanische Unternehmen vor der parteiischen und bei Klagen gegen den Staat befangenen deutschen Gerichten so gut wie aussichtslos sind.

Die Bundesrepublik Deutschland oder eine ihrer Behörden ist bisher noch niemals in einem Zivilprozess von einem deutschen Gericht rechtskräftig zu einer Schadensersatzzahlung in zwei- oder gar dreistelliger Millionenhöhe verurteilt worden. Die neulich wegen des von der Bundesregierung angeordneten Atomausstiegs von Vattenfall und RWE angekündigten Klagen sind noch lange nicht entschieden, wobei es hier „nur“ um die schädigenden Folgen von legitimen politische Entscheidungen und nicht wie bei Aufbau um verdeckte kriminelle Machenschaften der Behörden geht.

Daraus kann man den Schluss ziehen, das sei ein reiner Zufall oder ein Beweis, dass in der fehlerlosen Bundesrepublik noch nie ein Unternehmen oder eine Person von einer Behörde schuldhaft in solcher Höhe geschädigt wurde. Wahrscheinlicher ist aber, dass deutsche Gerichte regelmäßig zu Gunsten des deutschen Staates solche Schadenersatzansprüche unabhängig von den konkreten Umständen und der Rechtslage abweisen, um den deutschen Staatshaushalt zu schützen. Egal wie gerechtfertig ein Urteil gegen den Staat wäre, es fördert nicht die Kariere des deutschen Richters.

Die Verfahren um die fehlgeschlagene Privatisierung des Aufbau-Verlages, die auf dieser Website dokumentiert werden, geben nicht nur ausländischen Investoren jeden Grund, dem deutschen Staat und besonders der deutschen Justiz zutiefst zu misstrauen und wenigstens für Auslandsinvestitionen auf der Einrichtung tatsächlich unabhängiger Schiedsgerichte zu bestehen.