„Mit Reinem Gewissen. Wehrmachtsrichter in der Bundesrepublik und ihre Opfer.
Joachim Perels, Wolfram Wette (Hg)
Aufbau-Verlag, ISBN 978-3-351-20740-7, 374 S.
Dieses von Joachim Perels und Wolfram Wette herausgegebene Buch „Mit Reinem Gewissen. Wehrmachtsrichter in der Bundesrepublik und ihre Opfer“ erschüttert durch die geschilderten Taten und Versäumnisse, aber macht auch wütend, denn es kommt fast zwei Generationen zu spät. Die darin geschilderten furchtbaren Wahrheiten sind lange schon erkennbar gewesen. Sie wurden aber unterdrückt und verschwiegen von mörderischen Richtern und Staatsanwälten und ihren Mitwissern und Helfern in der deutschen Justiz und Politik. Deutschland, mir graut vor Dir.
Diesem Buch vorausgegangen war bereits im Jahre 2007 die Veröffentlichung der Dokumentation von Wolfram Wette und Detlef Vogel (HG.) „Das letzte Tabu – NS-Militärjustiz und Kriegsverrat“ im Aufbau-Verlag, ISBN 978-3-351-02654-7, mit zahlreichen Urteilen der Kriegsgerichte. Bereits dieses Buch macht jedem Leser klar, dass nicht die verurteilten Soldaten und Zivilisten, sondern die beteiligten Richter und Staatsanwälte ehrlose Verbrecher waren und die Justiz des Dritten Reiches insgesamt, so wie die SS und die Gestapo, zu den verbrecherischen Organisationen gehörte.
„Die justizielle Ermordung von mehr als 20.000 deutschen Soldaten wird als das ewige Schandmal dieser Justiz in Erinnerung bleiben.“ (S. 95)
Ein solches Schandmal der heutigen Justiz ist die Tatsache, dass die verbrecherischen Richter und Staatsanwälte der Nazi-Justiz nach dem Ende des Dritten Reiches problemlos und unbehelligt jahrzehntelang im Justizapparat der Bundesrepublik weiter tätig sein und Karriere machen konnten, weil sie aus falschem Corpsgeist sogar von jüngeren „Kollegen“ und von der Politik geschützt wurden.
Alle von der Wehrmacht gedungenen Richter der nationalsozialistischen Militärjustiz haben sich – wie es nur solche äußerst skrupellosen und intelligenten Serienmörder können – sehr lange der Entlarvung und ausnahmslos auch der Bestrafung entzogen, weil sie sich – „was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein“ – als „gesetzestreue“ Teilnehmer des Vernichtungskrieges getarnt haben. Erst als die Justiz der Bundesrepublik sich mit dem gesetzlichen Unrecht durch die Justiz in der DDR befassen musste, waren die Verbrechen der Nazi-Richter nicht mehr zu leugnen.
Mörder wie der Ministerpräsident Hans K. Filbinger, der Dekan und Rektor der Universität Marburg Prof. Dr. Erich Schwinge oder der spätere Richter am Bundesgerichtshof Ernst Mantel, Träger des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, konnten unter dem Schutz ihrer Komplizen und Mitwisser im Staatsapparat und der Justiz der Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg ungestört Karriere machen. Ihre Opfer wurden in der Öffentlichkeit verächtlich gemacht und verleumdet, nur ganz wenige der Opfer oder Angehörigen wurde entschädigt.
Erst nach langem zähen Widerstand, besonders aus der CDU/CSU, hat nach mehreren Anläufen der Bundestag endlich im Jahre 2009 die Aufhebung sämtlicher Unrechtsurteile der Militär-Justiz beschlossen und damit deren Opfer rehabilitiert.
Die Stadt Karlsruhe, Sitz des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, sollte zwischen den beiden Gerichtsgebäuden ein Ehrenmal mit den Namen der 20.000 von der Militärjustiz durch Todesurteile Ermordeten aufstellen, damit die Nachgeborenen sich auf deren Widerstand gegen die Verbrechen des nationalsozialistischen deutschen Staates besinnen können.
Diesem Ehrenmal gegenüber sollte ein Schandmal mit den Namen der mörderischen Richter aufgestellt werden. Dazu gehören alle, die an den Todesurteilen mitgewirkt haben. Weil diese Verbrecher sich zu Lebzeiten der gerechten Strafe entzogen haben, soll man sie wenigstens für die Nachwelt als ehrlose, verachtenswerte Mörder kennzeichnen. Mögen sie im 8. Kreis der Hölle büßen.
Bernd F. Lunkewitz