Als im Jahre 1990 die Treuhandanstalt behauptete, dass der Aufbau-Verlag volkseigen gewesen und in eine ihrer GmbH i. A. umgewandelt worden sei, wies der Kulturbund auf sein fortbestehendes Eigentum am Aufbau-Verlag hin und stellte am 11.10.1990 nur vorsorglich einen Rückgabeantrag, der bis heute nicht beschieden ist.
Im Jahre 1991 verkaufte die Treuhandanstalt die angeblichen Geschäftsanteile an einer angeblichen Aufbau-Verlag GmbH i. A. an die BFL-Beteiligungsgesellschaft mbH und ihre Partner. Sie bestärkte wegen des Rückgabeantrags den Kulturbund in dem Irrtum, er sei in der DDR – rechtswidrig – enteignet worden, obwohl sie wußte, dass der Verlag bis zur Wende als organisationseigener Betrieb des Kulturbunds vom Ministerium für Kultur verwaltet wurde. Wenig später erkannte die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR das Scheitern der Privatisierung weil der Kulturbund noch immer Eigentümer des Aufbau-Verlages war und empfahl der Treuhandanstalt, diese Tatsachen offenzulegen und den gescheiterten Verkauf möglichst zu heilen.
Weil damit erhebliche finanziellen Risiken verbunden waren (Schadensersatzansprüche der Käufer und des Kulturbunds), entschloss sich die Treuhandanstalt, diese Umstände zu verschweigen.
Als die Käufer im Herbst 1994 die Erfüllung des Kaufvertrages bezweifelten, bestritt die Treuhandanstalt wider besseres Wissen, dass der Kulturbund noch immer Eigentümer des Aufbau-Verlages war.
In den folgenden Prozessen vor dem Verwaltungsgericht Berlin und den Zivilgerichten in Frankfurt trug sie gezielt wahrheitswidrig vor, fälschte Dokumente, verabredete falsche Aussagen von Behördenmitarbeitern und Gutachtern.
Um ihre Verurteilung durch das Verwaltungsgericht Berlin zu vermeiden, erklärte sie, dass ihre (nach dem PartG DDR gesetzlich erforderliche) Zustimmung zum Verkauf des organisationseigenen Aufbau-Verlages des Kulturbunds nicht notwendig sei. Dadurch wurde der Verkauf des Verlages durch den Kulturbund im Dezember 1995 an den Verleger Bernd F. Lunkewitz wirksam. Der BGH entschied im Jahre 2008, dass der Kulturbund bis zu diesem Verkauf der Eigentümer des Aufbau-Verlages geblieben war.
Die Treuhandanstalt weigerte sich, die Verantwortung für die daraus folgende Insolvenz der Aufbau-Verlag GmbH zu übernehmen und lehnte jegliche Ansprüche auf Schadensersatz ab.
Das bisherige Verhalten der Justiz belohnte das prozessbetrügerische Vorgehen der staatlichen Behörde. Die für Klagen gegen den Staat sonderzuständigen Gerichte in Berlin und Frankfurt entschieden in den Verfahren der insolventen Aufbau-Verlag GmbH und des Verlegers Bernd F. Lunkewitz als Rechtsnachfolger des Kulturbunds, in dem es um die Ansprüche der Geschädigten auf Ersatz des Schadens ging, dass die Kläger jeweils das fortbestehende Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag zu beweisen hatten. Die Treuhandanstalt musste ihren nur behaupteten Eigentumserwerb nicht beweisen. Weil die Kläger angeblich nicht „zweifelsfrei“ beweisen konnten, dass der Kulturbund sein in der DDR anerkanntes Eigentum nicht irgendwie, irgendwann an irgendwen verloren haben könnte, wurden die Klagen abgewiesen.
Das Palladium des sittlichen Staats, das Eigentum, ist in diesen Urteilen nur noch eine Schimäre. Jeder Dieb kann nun behaupten, das Eigentum an einer Beute erlangt zu haben, denn der vorherige Eigentümer müsse „zweifelsfrei“ beweisen, dass er dieses Eigentum nicht irgendwann, irgendwie an irgendwen – z. B. den Dieb – verloren hat.
In dem seit 2009 anhängigen Prozess der BFL-Beteiligungsgesellschaft gegen die Treuhandanstalt/BvS wegen der gescheiterten Privatisierung des Aufbau-Verlages trägt die Bundesregierung unverdrossen vor, der Aufbau-Verlag sei Eigentum der Treuhandanstalt geworden und von ihr wirksam an die Klägerin verkauft und übertragen worden.
In dem Verwaltungsverfahren des Kulturbunds zur Rückgabe des Aufbau-Verlages trägt die Bundesregierung gleichzeitig das Gegenteil dieser Behauptung vor. Hier das Schreiben:
Nach mehr als dreißig Jahren, am 30.4.2021, teilte das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) dem Kulturbund mit, „dass der Aufbau-Verlag Eigentum des Kulturbundes der DDR war und daher zum Zeitpunkt seines Verkaufs an den Verleger Bernd Lunkewitz im Jahr 1995 im Eigentum des Kulturbunds e. V. stand.“
Die für DDR Eigentumszuordnungen allein zuständige Bundesoberbehörde bitte deshalb um Mitteilung, ob der Antrag vom 11.10.1990 zurückgenommen wird. Andernfalls werde der Antrag wegen des damals bestehenden Eigentums des Kulturbunds am Aufbau-Verlag abgelehnt.
Die BvS (in Abwicklung) untersteht dem Bundesministerium der Finanzen. Das BADV untersteht dem Bundesministerium des Inneren. Beide Ministerien stritten jahrelang, welcher Behörde der Erlös aus dem (nichtigen) Verkauf des Aufbau-Verlages zustehen soll. In den Prozessen der Käufer gegen die BvS zur Feststellung von deren Pflicht zum Schadensersatz behauptet die Regierung der Bundesrepublik: der Aufbau-Verlag war Eigentum der Treuhandanstalt. In dem Verwaltungsverfahren des Kulturbunds bestätigt sie: der Aufbau-Verlag war Eigentum des Kulturbunds.