Archiv für den Monat: Januar 2018

Die Justiz ist eine Hure

Zu diesem falschen Urteil könnte man kommen, wenn man die Geschichte des Rechtsstreits um den Verkauf des Aufbau-Verlages durch die Treuhandanstalt vor den deutschen Gerichten betrachtet. Die bisherige Behandlung dieses Falles durch die Justiz ist zwar ein in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte bisher unerhörter Skandal, aber allein, dass die Geschädigten ihr Recht nicht aufgeben sondern es weiter vor eben jener Justiz geltend machen, belegt ihr Vertrauen in die Justiz und ihren Glauben an das Recht.

Der seit dem Jahre 1995 vom damaligen Verleger des Aufbau-Verlages betriebene Rechtsstreit geht demnächst in eine neue Runde. Die bereits am 22.12.2009 zunächst beim Landgericht in Frankfurt am Main eingereichte Klage der BFL-Beteiligungsgesellschaft mbH gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben wurde nach Berlin verwiesen und ist jetzt unter dem Aktenzeichen 105 O 84 vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Berlin in erster Instanz zu verhandeln. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht diesen sehr umfangreichen Fall selbst eingehend und unvoreingenommen prüfen wird, oder ob es einfach die bisherigen falschen Entscheidungen aus den Parallelverfahren abschreibt.

Die Zurückweisung der jeweiligen Klagen der insolventen Aufbau-Verlag GmbH und des Verlegers Bernd F. Lunkewitz in seinem und im Namen des Kulturbunds gegen die in BVS umbenannte Treuhandanstalt wurde hauptsächlich damit begründet, dass – so das Urteil der jeweiligen Gerichte – die Kläger nicht haben beweisen können, dass der Kulturbund in der DDR sein Eigentum am Aufbau-Verlag nicht an die SED verloren hat und deshalb die Entstehung von Volkseigentum am Aufbau-Verlag nicht ausgeschlossen sei.

Nach dem der BGH erst im Jahre 2008 festgestellt hatte, dass der Kulturbund sein Eigentum am Aufbau-Verlag nicht verloren hatte, mögen diese Entscheidungen das Publikum überraschen. Aber in den jetzigen Verfahren geht es um Schadensersatz, als ums Geld des Staates, der den von ihm angerichteten Schaden aber nicht ersetzen will und dabei auf die beflissene Unterstützung durch die Justiz hofft. Die in diesen Verfahren bisher ergangenen Urteile der Gerichte in Berlin und Frankfurt sind dann auch Paradebeispiele für eine willkürliche Prozessführung, wie sie bei politisch oder fiskalisch motivierten Fällen vor dem berüchtigten Moskauer Stadtgericht allgemein bekannt sind. Die Richter des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit dem Vors. Richter Dr. Stump, der Richterin Hauffen und der Richterin Dr. Buxbaum waren offensichtlich mit Blindheit geschlagen wenn man nicht unterstellen will, sie hätten vorsätzlich das Recht gebrochen.

Ein solches Verhalten der genannten Gerichte wird dadurch begünstigt, dass ausgerechnet für Schadensersatzklagen gegen den deutschen Staat die dauernde Sonderzuständigkeit bestimmter Spruchkörper eingerichtet ist, die ganz offensichtlich dazu führt, dass dorthin nur solche Richter berufen werden, von denen die Regierung in den Entscheidungen insbesondere die einseitige Berücksichtigung fiskalischer und sonstiger politischer Interessen erwartet.

Diese offenbar ausschließlich im fiskalischen und politischen Interesse der Regierung gezielt eingerichtete Sonderzuständigkeit muss gesetzlich verboten werden weil sie den Missbrauch der staatlichen Gewalt durch die Besetzung bestimmter Richterstellen begünstigt. Die angeblich für solche Verfahren gegen den Staat erforderliche besondere Sachkenntnis ist nur ein leicht zu durchschauender Vorwand um „gefällige“ Richter entscheiden zu lassen. Stattdessen müssen solche Fälle jedem beliebigen Spruchkörper eines Zivilgerichts nach dem normalen Geschäftsverteilungsplan zugewiesen werden. Damit erhält der jeweilige Kläger wenigstens die Chance auf die mehrheitlich tatsächlich unparteiischen und unvoreingenommenen Richter zu treffen, deren Urteile dem Gesetz entsprechend ohne Ansehung der Person ergehen.

In den bisherigen gerichtlichen Verfahren haben die jeweiligen Kläger entgegen den ergangenen Urteilen erschöpfend das fortbestehende Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag nachgewiesen. Die Gerichte haben jedoch alle diese Dokumente und Beweise übergangen. Aus den zahlreichen auf der Website dokumentierten Beispielen für die Übergehung des klägerischen Vortrags sei hier nur ein einziges Beispiel dargelegt:

Die Lizenz zum Betrieb des Aufbau-Verlages

Lizenz301Kulturbund:Aufbau

Der Kulturbund erhielt am 9. Oktober 1951 vom Amt für Literatur und Verlagswesen der DDR die Lizenz mit der Nr. 301 zur Ausübung der verlegerischen Tätigkeit im Rahmen der Firma „Aufbau-Verlag GmbH, Berlin.“

Die von diesem Amt erteilte Lizenz war für jeden Verlag in der DDR die grundlegende Bedingung seiner Existenz bzw. die Voraussetzung für die Genehmigung seiner Tätigkeit. In allen Erzeugnissen des Verlages musste die Lizenznummer im Impressum abgedruckt werden. Die Lizenznummer wurde dabei regelmäßig der Verlagsnummer, der Nummer der Druckgenehmigung und des Erscheinungsjahres vorangestellt.

Das in allen bisherigen Verfahren den Gerichten von den Klägern vorgelegte Dokument der Lizenz mit der Nr. 301 war daher die unverzichtbare Arbeits- und Existenzgrundlage des Aufbau-Verlages. Ohne diese Lizenz wäre die Tätigkeit des Aufbau-Verlages in der DDR nicht möglich gewesen. Sie enthält folgende Bestimmungen:

Mit der Erteilung der Lizenz mit der Nummer 301 ist bestimmt

1. und 2. dass der Kulturbund die Genehmigung zur Ausübung der verlegerischen Tätigkeit im Rahmen der Firma Aufbau-Verlag GmbH, Berlin erhält.
2. weitere Gesellschafter des Verlages gibt es nicht.
3. wird das Verlagsgebiet auf Belletristik, Kulturpolitik, Populärwissen-schaft beschränkt.

Die Lizenz wurde unter folgenden Bedingungen erteilt:

4.
a) daß Verfassung und Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik eingehalten sowie die Anordnungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik befolgt werden;
b) daß alle auf Grund dieser Lizenz erscheinenden Veröffentlichungen die Aufschrift „Veröffentlicht unter der Lizenznummer 301 des Amtes für Literatur und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik“ tragen.
c) daß unter 1. und 2. nicht aufgeführte natürliche und juristische Personen ohne ausdrückliche Genehmigung des Amtes für Literatur und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik weder an dem Unternehmen beteiligt sind, noch irgendwelche Gewinnanteile aus dem Unternehmen erhalten. Beim Ausscheiden oder Neuaufnahme von Gesellschaftern erlischt die Lizenz falls nicht innerhalb von zwei Wochen Erneuerung beantragt wird.
d) dass 3 Exemplare jeder Veröffentlichung an das Amt für Literatur und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik einzusenden sind;
e) sonstige Bedingungen: entfallen.

Diese Lizenz wurde auf unbestimmte Zeit erteilt. Sie war durchgehend gültig, bis durch Ministererlass vom 15. Januar 1990 der Wegfall der Lizenzpflicht in der DDR ab dem 1.1.1990 verfügt wurde.

Bis Ende 1989 waren deshalb alle verlegten Bücher des Aufbau-Verlages unter der dem Kulturbund erteilten Lizenznummer 301 erschienen. Damit wurde auch öffentlich bestätigt, dass der Kulturbund Lizenzträger und alleiniger Eigentümer des Aufbau-Verlages war und blieb und andere „natürliche und juristische Personen“ weder an dem Unternehmen beteiligt sind, noch irgendwelche Gewinnanteile aus dem Unternehmen erhalten und dass weder ein Ausscheiden noch eine Neuaufnahme eines Gesellschafters vorgekommen ist.

Daraus ergibt sich, das auch die Eintragung des Verlages als OEB des Kulturbunds in das Register der volkseigenen Wirtschaft oder die Angliederung des Verlages Rütten & Loening im Rahmen der Profilierung des Verlagswesens der DDR zum 1.1.1964 das alleinige Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag nicht beeinträchtigt oder verändert haben.

Es ist nicht ersichtlich, dass die rechtlichen Bestimmungen zur Lizenzerteilung in der DDR jemals vom Amt für Literatur und Verlagswesen oder vom Ministerium für Kultur ignoriert worden sind oder dass aus anderen Gründen die dem Kulturbund für seinen Verlag erteilte Lizenz vor dem 1.1.1990 nicht mehr wirksam und/oder erforderlich gewesen sein könnte.

Beispielhaft für die Einhaltung der Lizenzbestimmungen ist die gemeinsam mit dem Suhrkamp Verlag entwickelte Ausgabe der gesammelten Werke von Berthold Brecht.
Sie erschien im Aufbau-Verlag seit 1988 bis 2000 mit dem ersten Band unter Angabe der Lizenznummer 310, der Verlagsnummer 120, der hinzugefügten Nummer der Druckgenehmigung 281 und des Erscheinungsjahres 88.

Band 1 erhielt die Nummer 301.120/281/88
Band 2 erhielt die Nummer 301.120/70/87

Band 6 erhielt die Nummer 301.120/79/89

Nach Wegfall der Lizenzpflicht ab dem 1.1.1990 wurde in den weiteren Bänden ab Band 7 bis Band 24 und dem Registerband nur noch die übliche ISBN angegeben.

Die genannten Gerichte haben die oben dargestellten ganz offensichtlichen logischen Folgerungen aus der zum Beweis vorgelegten Lizenzurkunde und der gesamten Tätigkeit des Aufbau-Verlages ohne sie auch nur zu erwähnen in ihren Urteilen schlicht übergangen.

Ein Beispiel: Das geklaute Auto

Der Verleger des Aufbau-Verlages sprach vor der durch das Verhalten der Treuhandanstalt verursachten Insolvenz der Aufbau-Verlag GmbH öfters davon, dass er sich wie in einem geklauten Auto sitzend fühle. Dieses Beispiel kann man jetzt weiter führen: Ein Verkäufer (hier die SED) der fälschlich behauptet Eigentümer eines bestimmten Fahrzeuges zu sein, verkauft den Wagen an eine staatliche Einrichtung (hier die Treuhandanstalt). Diese verkauft ihn weiter (mit der Garantie dass sie rechtmäßiger Eigentümer des Wagens ist) an einen arglosen Käufer (hier die BFL-GmbH).

Einige Zeit später klagt der tatsächliche Eigentümer (hier der Kulturbund), dem der Wagen gestohlen wurde, bis zum BGH erfolgreich auf Feststellung seines fortbestehenden Eigentums und erhält den Wagen zurück.

Der geschädigte Käufer, der außer dem Kaufpreis auch noch erhebliche weitere Beträge in das Fahrzeug investiert hatte, klagt vor dem Landgericht Berlin oder Frankfurt auf Feststellung der Schadensersatzflicht gegen die staatliche Einrichtung (die besagte Treuhandanstalt), die ihm den inzwischen zurückgegebenen Wagen verkauft hatte ohne tatsächlich Eigentümerin zu sein.

Zum Beweis legt er aus den Unterlagen des tatsächlichen Eigentümers (hier des Kulturbunds) dessen ursprünglichen Kaufvertrag, die Bestätigung der Zahlung des Kaufpreises, die Abrechnungen der jährlichen Kosten und Einnahmen, die Versicherungsunterlagen, den Fahrzeugschein und den Fahrzeugbrief vor, die alle auf den tatsächlichen Eigentümer ausgestellt sind. Außerdem noch eine Erklärung des ersten Verkäufers, dass er irrtümlich und ohne Eigentümer zu sein den Wagen an die staatliche Einrichtung verkauft habe.

Die beklagte staatliche Einrichtung behauptet dagegen, sie sei gleichwohl rechtmäßiger Eigentümer des Wagens geworden und habe deshalb den Kaufvertrag mit dem Kläger (der BFL-GmbH) erfüllt, weil der erste Verkäufer (die SED) doch irgendwann und irgendwie Eigentümer des Wagens geworden sei. Zum angeblichen Beweis zitiert sie Äußerungen des Verkäufers (der SED) aus der Zeit in der er seinen Irrtum noch nicht erkannt hatte und legt den Kaufvertrag mit ihm vor.

Das Gericht weist die Klage des geschädigten Käufers (der BFL-GmbH) gegen die staatliche Einrichtung (die Treuhandanstalt) mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht bewiesen hat, dass der ursprüngliche Eigentümer (der Kulturbund) sein Eigentum an dem Fahrzeug wie von der Beklagten behauptet nicht doch irgendwann und irgendwie an den ersten Verkäufer (die SED) verloren hat und daher das Scheitern des zweiten Verkaufs nicht zweifelsfrei feststeht. Die staatliche Einrichtung (die Treuhandanstalt) muss ihren Eigentumserwerb nicht beweisen.

Wie alle Vergleiche, hinkt auch dieser. Der tatsächliche Fall ist noch drastischer. Die verkaufte Aufbau-Verlag GmbH i.A. existierte gar nicht weil der Aufbau-Verlag, der nie als VEB firmiert hatte, nicht Volkseigentum war und deshalb nicht durch das Treuhandgesetz in eine GmbH umgewandelt werden konnte.  Der Kaufvertrag ist deshalb nach § 306 BGB a. F. nichtig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist: Aus Rechtsgründen nicht existierende GmbH Anteile, die auch nachträglich nicht mehr entstehen können, kann niemand übertragen. Aber auch das wollen die Gerichte nicht gelten lassen um die Beklagte entgültig zu entlasten. Die Begründung für diese Behauptung ist von besonderer Perfidie. Angeblich soll das Gesetz nur für die Übertragung von Rechten gelten, die schon ihrer Art nach überhaupt nicht existieren können. Der Aufbau-Verlag wäre aber umgewandelt worden, wenn er ein volkseigener Betrieb gewesen wäre. Weil es durch Umwandlung tatsächlich volkseigener Betriebe durch das Treuhandgesetz wirksam entstandene GmbH Anteile solcher Art gab, sei die Regelung des § 306 BGB a. F. nicht einschlägig. Dass das konkrete Recht, eben diese verkauften GmbH Anteile, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder auch später aus rechtlichen Gründen nicht entstehen können und daher ihre Übertragung für jeden objektiv unmöglich ist, sei unbeachtlich. Dieser Begründung ist die Willkür ins Gesicht geschrieben. Das Gericht spricht den staatlichen Dieb frei weil er unschuldig wäre, wenn er den verübten Diebstahl nicht begangen hätte.

Wie die genannten Gerichte die zahlreichen Rechtsbrüche der Beklagten übergehen und relativieren und die vorgelegten Beweise nur selektiv würdigen ist ein Lehrbeispiel für das Verhalten von Richtern in Bananenrepubliken und kann in den Schriftsätzen auf der Website detailliert nachvollzogen werden.

Die Urteilsbegründungen der Gerichte in Berlin und Frankfurt im Zusammenhang mit den Prozessen um den Verkauf des Aufbau-Verlages durch die Treuhandanstalt führen die durch das Grundgesetz geschützte Eigentums- und Rechtsordnung ad absurdum.

Wenn diese Art der Rechtsprechung zur Norm wird gibt es in der Bundesrepublik Deutschland keinen Eigentumsschutz. Jeder Räuber und Betrüger kann sich auf diese Urteile berufen und mit der unbewiesenen Behauptung, er habe irgendwann und irgendwie den streitigen Gegenstand oder das streitige Recht wirksam erworben, höhnisch grinsend den bisherigen Eigentümer auffordern zu beweisen, dass er das streitige Eigentum nicht irgendwann und irgendwie verloren oder übertragen habe. Die zahlreichen zusätzlichen Rechtsverstöße, die von den Gerichten übergangen wurden lassen erkennen, dass nach Ansicht der sonderzuständigen Spruchkörper dieser Gerichte der Staat, hier in Gestalt der Treuhandanstalt, offensichtlich über dem Gesetz steht und sich aus fiskalischen Gründen nicht an die eigenen Regeln halten muss.

Die Justiz ist keine Hure. Aber die Richter in dem hier genannten Verfahren beim OLG Frankfurt sind Zuhälter des staatlichen Unrechts. Sie verachten das Recht und verteidigen das Unrecht, offensichtlich nur weil der Staat es begeht. Die Geschädigten werden das aber nicht hinnehmen sondern sich mit juristischen und publizistischen Mitteln dagegen wehren.

Dazu ein Zitat aus „Der Geist des Rechts“ von Rudolf von Jhering: „Der Widerstand gegen ein schnödes die Person selber in die Schranken forderndes Unrecht, d. h. gegen eine Verletzung des Rechts, welche in der Art ihrer Vornahme den Charakter einer Mißachtung desselben, einer persönlichen Kränkung an sich trägt, ist Pflicht. Er ist Pflicht des Berechtigten gegen sich selber – denn er ist ein Gebot der moralischen Selbsterhaltung; er ist Pflicht gegen das Gemeinwesen – denn er ist nötig, damit das Recht sich verwirkliche. Der Kampf ums Recht ist eine Pflicht des Berechtigten gegen sich selbst.“

Buchbesprechung „Der Geist des Rechts“

FIAT JUSTITIA NE PEREAT RES PUPLICA

„Der Geist des Rechts“
Rudolph von Jhering,

Sammlung Dietrich, Band 297.

Rudolph von Jhering war einer der großen Rechtsgelehrten des 19. Jahrhunderts, der durch seine Forschungen und Schriften über das Römische Recht und die deutsche Rechtsgeschichte großen Einfluss erlangt hat. Seine Texte über Moral, Sitte und Recht sind in vieler Beziehung auch heute noch relevant und lesenswert. Das Recht wird von ihm als die Lebensordnung des Volkes beschrieben und sein Grundgedanke über den Rechtsstaat ist:

„Rechtsstaat ist der Staat, dessen Volk in dem Recht die Bedingungen seines Daseins erkannt hat und dessen Verletzung als eine Verletzung seiner selbst empfindet.“

Die Schaffung und Durchsetzung des Rechts ist aber ein Kampf an dem nicht nur die berufsmäßigen Richter oder Anwälte mitwirken. Jeder einzelne ist berufen, in seinem Recht die allgemeine Rechtsordnung gegen das Unrecht zu verteidigen. Diese Verteidigung ist sogar seine sittliche Pflicht. Das Recht geht uns alle an.

„Der Kampf ums Recht ist ein Pflicht des Berechtigten gegen sich selbst.“ (S.203)

Eine Garantie für den Sieg des Rechts erkennt von Jhering nicht, besonders wenn die Interessen der Regierung berührt werden. Hier sieht er ein unlösbares Problem, das auch heute noch besteht und in den Verfahren um den Aufbau-Verlag deutlich wird:

„Die Staatsgewalt kann sich zwar das Gericht nicht aussuchen, aber sie stellt die Richter an, welche das Gericht bilden; die prozessualische Gebundenheit in bezug auf das Gericht kann mithin paralysiert werden durch die administrative Befugnis in bezug auf die Wahl der Personen – die Staatsgewalt versetzt die ihr unbequemen Personen an ein anderes Gericht und setzt andere, ihr bequemere an deren Stelle. Das hat sie das Gericht so, wie sie es will.

Gegen diese Gefahr gibt es meines Erachtens keine Sicherung. Die Staatsgewalt bietet dem unbequemen Richter eine bessere Stelle an, und er geht. Die Unversetzbarkeit des Richters wider seinen Willen gewährt dagegen keinen ausreichenden Schutz, er macht dem Nachfolger Platz, auf den es abgesehen war. Das Recht der Besetzung der Richterstellen nach eigenem freien Ermessen läßt sich aber die Staatsgewalt einmal nicht verkümmern, und alle Mittel, welche man etwa ersinnen möchte, um der Möglichkeit einer dolosen Anwendung desselben in der angegebenen Richtung vorzubeugen, erweisen sich von vornherein als so unausführbar, daß nichts übrigbleibt, als jene Möglichkeit der Beeinflussung der Rechtspflege durch die Regierung als eine im Wege des Gesetztes gar nicht zu beseitigende anzuerkennen und den Schutz gegen diese Gefahr lediglich von der öffentlichen Meinung und dem eigenen Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl der Regierung zu erwarten.“ (S.266 f)

Bei Schadensersatzklagen gegen den Staat – wie in den Verfahren um den Verkauf des Aufbau-Verlags – lässt die bestehende Sonderzuständigkeit einzelner Kammern und Senate eine besonders sorgfältige Auswahl der Richter erkennen und macht es illusorisch, von der Regierung irgendwelchen Schutz zu erwarten. Ein Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl scheint es dort nur ganz vereinzelt zu geben.

Die von dem Verleger Bernd F. Lunkewitz geführten Prozesse gegen die in BvS umbenantne Treuhandanstalt sind ein Paradebeispiel für die Justizwirklichkeit in Deutschland. Die BvS ist seit Jahren in Abwicklung, sie hat weder Personal noch sonst einen Geschäftsbetrieb. Das Bundesministerium der Finanzen, die mächtigste aller Behörden, unterstützt von allen anderen staatlichen Behörden, ist der wirkliche Gegner des Klägers. Diesen Kampf kann er kaum gewinnen. Die von Staat bezahlten Richter, deren Fortkommen von der Gunst der Obrigkeit abhängt, werden die Obrigkeit kaum enttäuschen. Allein die Beweislast macht einen Prozessgewinn für den Kläger fast unmöglich. Die beklagte Regierung hat Zugang zu allen Archiven und Akten und bekanntlich noch andere Mittel der Nachrichtenbeschaffung. Sie kennt alle Tatsachen und Unterlagen. Der Kläger aber hat zu den meisten Archiven der verschiedenen mit dem Fall befassten Behörden keinen Zugang. Diese Akten der Behörden könnten die Tatsachen noch weiter aufklären – wenn es eine Pflicht zur Vorlage der Akten gäbe. Die Anträge des Klägers auf Aktenvorlage oder Zeugenbeweis wurden bisher von den Gerichten aber als „Ausforschung“ abgelehnt. Die Treuhandanstalt hat geschickt „zivilrechtlich“ gehandelt. Das gibt ihr den „Schutz“ jedes Bürgers, der dem Prozessgegner keine Einsicht in seine Unterlagen geben muss. Wäre es denkbar, dass umgekehrt in einer Klage des Staates gegen einen Bürger die eine Behörde der anderen die Akteneinsicht verweigert? Die Waffengleichheit vor Gericht ist in solchen Fällen eine Farce.

Trotz aller dieser Schwierigkeiten ist es dem Kläger gelungen, die Rechtsbrüche der Treuhandanstalt detaiiiert und substantiiert zu beweisen. Aber auch das wurde besonders vom 1. Senat des OLG Frankfurt mit den Richtern Dr. Stump, Hauffen und Dr. Buxbaum durch ein ganz offensichtlich willkürliches und damit verfassungswidriges Urteil abgeschmettert.