Das Ei der Nachtigall

Im Januar 2015 schrieb ich auf dieser Website den Beitrag „Nachtigall, ick hör dir trappsen“ in dem ich auf die Befangenheit der Gerichte bei Rechtsstreitigkeiten gegen den Staat hinwies. Diese Vermutung hat sich bestätigt: Die Bundesrepublik gleicht einer Bananenrepublik, in der die Justiz im Streit mit Bürgern das Recht im Interesse der Exekutive beugt bis es bricht. Die als „Nachtigall“ bezeichnete korrupte Justiz hat jetzt ihr Ei gelegt.

Hier ein Abdruck des Kapitels „Nachtigall, ick hör dir trappsen“ aus dem Buch „Der Aufbau-Verlag und die kriminelle Vereinigung“:

„Nachtigall ick hör dir trappsen

In meiner langen Berufskarriere habe ich für mich persönlich und für meine Unternehmen mehrere tausend Verträge abgeschlossen. Nur eine Handvoll führten zu einem Rechtsstreit. Ich verlor keinen davon. Der Grund für die Erfüllung der Verträge war, dass ich vertrauenswürdige Vertragspartner ausgesucht und mich dabei nur selten getäuscht hatte.
Als ich im wieder vereinigten Deutschland mit der Treuhandanstalt die Kaufverträge über den Aufbau-Verlag abschloss, handelte ich ebenfalls guten Glaubens. Ich hatte an der Vertrauenswürdigkeit und dem Anstand des Vertragspartners Treuhandanstalt keine Zweifel. Der Staat selbst war der Verkäufer und es ging um die Einheit Deutschlands, um den Aufbau der neuen Bundesländer und um die Bewahrung der trotz widriger politischer Umstände in diesem Teil unseres Landes geschaffenen kulturellen Werte. Das Ziel dieser Privatisierung war die Erhaltung der kulturellen Institution Aufbau-Verlag, der in vier Jahrzehnten bedeutende Werke der deutschen Literatur publiziert hatte. Irgendeine Arglist oder Böswilligkeit der Vertreter einer öffentlich-rechtlichen Bundesanstalt hätte ich mir in diesem Zusammenhang noch nicht einmal vorstellen können. Ich schloss diese Verträge im vollen Vertrauen auf die Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit ihrer Vorgaben.
Das war bis dahin der größte Fehler in meiner beruflichen Karriere. Als ich das erkannt hatte, machte ich einen noch größeren Fehler: ich vertraute auf die Unabhängigkeit der deutschen Justiz, auch bei einer Klage gegen den Staat.
Die weitaus meisten Richter und Richterinnen in Deutschland führen ihr Amt unparteiisch und entscheiden mit großer Sorgfalt und ohne Ansehung der Personen nach Recht und Gesetz. Die große Zahl der Verfahren führt trotzdem manchmal zu Fehlern und Irrtümern, die auch nicht immer von einer höheren Instanz korrigiert werden. Aber Rechtsbeugung ist das nicht, denn es fehlt schon am Vorsatz und dem persönlichen Motiv, das den Dorfrichter Adam zum Täter machte. Aber in politischen Fällen – jeder Prozess gegen den Staat ist ein politischer Fall – ist der Servilismus einiger Richter, die der Obrigkeit gefallen oder ihre Dankbarkeit für das verliehene Amt beweisen wollen, ihr Motiv für die Bereitschaft zur Rechtsbeugung und genau deshalb versetzt sie ihr Dienstherr in die für solche Fälle zuständigen Spruchkörper. Dagegen, schrieb der edle Ritter von Jhering, gibt es keinen Schutz.
Nur in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist ein Recht des Klägers auf Einsicht in die Akten der verklagten Behörden vorgesehen, um die überwältigende Macht des Staates wenigstens teilweise auszugleichen. In einem Zivilprozess aber müssen die streitenden Parteien selbst alle für die Entscheidung des Gerichts relevanten Tatsachen, Dokumente und Beweise in eigener Verantwortung vortragen. Auf der Grundlage des so ermittelten Sachverhalts entscheidet das Gericht. („Da mihi factum, dabo tibi jus“ ).
Im Offizialbetrieb der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, z. B. zur Klärung von Rechtsfragen zu Eintragungen im Handelsregister nach dem FamFG , gilt dagegen der Untersuchungsgrundsatz (Inquisition), da es hier um Rechtsgüter von allgemeinem Interesse geht, z. B. um den öffentlichen Glauben an die Wahrheit und Rechtmäßigkeit der Eintragungen in das Handelsregister. Solche Verfahren werden unabhängig von den Anträgen eventuell Beteiligter von Amts wegen geführt.
Das Gericht ist gesetzlich verpflichtet, den Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, vollständig und wahrheitsgetreu zu ermitteln und sodann die gesetzlich erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.
Die Behandlung der Handelsregistereintragungen zum Aufbau-Verlag beim Amtsgericht Charlottenburg in dem Amtsermittlungsverfahren 22 W 73/14 durch den 22. Senat des Kammergerichts und dessen Beschluss vom 12.6.2020 zeigt jedoch exemplarisch den ungesetzlichen, aber „entscheidenden“ Einfluss der Exekutive des Bundes auf das Verhalten der Berliner Justiz, sobald politische oder fiskalische Interessen des Staates berührt werden.
Nach den ab dem Jahr 2006 ergangenen Urteilen des Landgerichts und des Oberlandgerichts in Frankfurt am Main in den Prozessen zwischen den drei möglichen Eigentümern des Aufbau-Verlages und den dazu ergangenen Beschlüssen des BGH , wonach der Aufbau-Verlag im Jahre 1955 durch Eintragung in das Register der volkseigenen Wirtschaft in einen organisationseigenen Betrieb des Kulturbunds umgewandelt worden und bis zum Verkauf des Verlags am 21.12.1995 dessen Eigentum geblieben war, beantragte ich am 26.10.2010 beim zuständigen AG Charlottenburg die Löschung des Umwandlungsvermerks, der im Handelsregister den Aufbau Verlag fälschlich als eine GmbH i. A. der Treuhandanstalt bezeichnet. Die Unrichtigkeit der Eintragung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ ergibt sich schon daraus, dass der Verlag nicht als VEB bezeichnet wird. Die volkseigenen Betriebe waren gesetzlich verpflichtet, die Bezeichnung VEB als Bestandteil ihres Namens zu führen. Da der Aufbau-Verlag seit seiner Gründung nie so bezeichnet worden und dementsprechend auch nie im Handelsregister als VEB eingetragen war, ergab sich schon daraus zweifelsfrei, dass es sich um einen organisationseigenen Betrieb handelte, der nicht nach dem Treuhandgesetz umgewandelt werden konnte.
In der Rechtsprechung ist längst allgemein anerkannt, dass durch das Treuhandgesetz das Eigentum der gesellschaftlichen Organisationen der DDR nicht beeinträchtigt wurde.
Das Amtsgericht lehnte am 4.10.2011 den wiederholten Antrag auf Löschung dieser unzulässigen Eintragung zunächst ab. (Der Kulturbund hatte vergeblich schon im Jahre 1990 dieser Eintragung widersprochen. Ich hatte dann im Jahre 1995 einen Löschungsantrag gestellt, der gegen den Widerspruch der Treuhandanstalt/BVS vom Amtsgericht bestätigt, dann aber vom Landgericht und in 2001 vom Kammergericht zurückgewiesen wurde.)
Die Beteiligten des Verfahrens legten am 28.10.2011 gegen den abweisenden Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg Beschwerde zum Kammergericht ein. Dort war der 12. Senat mit der Vorsitzenden Richterin Susanna Hollweg-Stapenhorst, die Richterin Zillmann und dem Richter Dr. Peter Sdorra zuständig. Nach mehr als zwei Jahren Amtsermittlung rief im November 2013 der Berichterstatter des 12. Senats, Herr Dr. Sdorra, bei dem von den Antragstellern mandatierten Rechtsanwalt Schrader an und schlug die Rücknahme des Antrags wegen Aussichtslosigkeit vor. Die Antragssteller lehnten das ab und tatsächlich erwies sich der Vorschlag des Herrn Dr. Sdorra als Täuschungsmanöver.
Am 16.12.2013 verfügte der 12. Senat des Kammergerichts durch den Beschluss 12 W 32/12 die Löschung des unzulässigen Umwandlungsvermerks. Er begründete diese Entscheidung ausführlich anhand der vorliegenden Registerakten, der von den Antragsstellern vorgelegten Urkunden und der unstreitigen Tatsachen, auch unter Berücksichtigung des von der Treuhandanstalt/BVS in den o.g. Zivilverfahren gegen die anderen Beteiligten erbrachten Vortrags. Aufgrund des Verhaltens von Dr. Sdorra ist anzunehmen, dass der Beschluss kontrovers beraten und schließlich mehrheitlich entschieden wurde.
Das Amtsgericht Charlottenburg kündigte am 8.1.2014 die Löschung der Eintragung an. Die Treuhandanstalt/BVS legte dagegen Widerspruch ein mit der Behauptung, dass nicht alle relevanten Tatsachen und Dokumente dem 12. Senat vorgelegen hätten. Die weiteren Beteiligten legten aus den gerichtlichen Akten detailliert dar, dass dieser Einwand falsch war. Vorsorglich belegten sie im Schriftsatz vom 22.5.2014 die chronologische Entwicklung des Eigentums am Aufbau-Verlag unter Vorlage aller einschlägigen Urkunden, und wiesen nach, dass alle relevanten Tatsachen dem 12. Senat vorgelegen hatten. Das Amtsgericht wies unter Hinweis auf die gesetzliche Bindungswirkung der Entscheidung des 12. Senats am 24.7.2014 den Widerspruch der Treuhandanstalt/BVS zurück und erklärte nach eigener Prüfung:
„Eine Ausnahme von dieser Bindungswirkung der vorgenannten Entscheidung liegt nicht vor, weil keine neuen Tatsachen vorliegen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen […] alle entscheidungserheblichen Tatsachen und Entscheidungen lagen dem Beschwerdegericht vor“.
Die Treuhandanstalt/BVS legte Beschwerde gegen diesen Beschluss ein und erhielt als Beteiligte vom 12. Senat zur Gewährung des rechtlichen Gehörs die Gelegenheit zum Vorbringen bisher in dem Verfahren etwa noch nicht berücksichtigter neuer Tatsachen, da nur solche den auch das Gericht selbst bindenden Beschluss allein noch beeinflussen konnten.
Die Treuhandanstalt/BVS trug aber keine neuen Tatsachen vor. Stattdessen geschah folgendes: Das Amtsermittlungsverfahren wurde im Geschäftsverteilungsplan des Kammergerichts durch eine rückwirkende Veränderung der Zuständigkeiten zum 1. 1. 2015 vom 12. Senat an den 22. Senat des Kammergerichts abgegeben.
Ich schrieb darüber im Januar 2015 für die Website Prozessbeobachter.net einen Kommentar mit der Überschrift: „Nachtigall, ick hör dir trapsen“:
„Andere Richter werden sich jetzt mit dem Fall befassen. Rechtlich ist auf Grund gesetzlicher Bindungswirkung das Kammergericht an die Entscheidung des 12. Senats vom Dezember 2013 gebunden. Aber zu entscheiden ist der Streit zwischen einem Einzelnen und dem Staat. Man kann jetzt Wetten auf die Unabhängigkeit der Justiz in der BRD abschließen. Die englischen Buchmacher, bekannt für ihre realistische Einschätzung, würden solche Wetten wohl nicht annehmen. Oder, wie der Berliner sagt: „Nachtigall, ick hör dir trapsen“ .
Diese Redewendung hat ihre literarischen Quellen in der deutschen Romantik. Die beiden ersten Verse des Lieds „Die Nachtigall“ aus der Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ von Clemens Brentano und Achim von Arnim beginnen mit den Worten
„Nachtigall, ich hör dich singen“ […] und „Nachtigall, ich seh dich laufen, aus dem Bächlein thust du saufen […]“.
Der Volksmund verband dieses Lied mit dem Anfang des ebenso lustigen Gedichts von Clemens Brentano:
„Trippel, trippel, trap, trap, trap / heut schließ ich die Tür nicht ab […]
in dem ein „Mädel“ darum bittet, zur heimlichen Liebesnacht sehr vorsichtig und leise herbei zu schleichen und dabei nicht den Hund, die Mutter, den Bruder, den Knecht und die Magd zu wecken.
Wenn der gemeine Berliner misstrauisch wird, weil er merkt, dass ein paar als ehrbar getarnte Betrüger ihn täuschen und belügen, zitiert er gern – so wie ich in meinem Kommentar – die „trapsende Nachtigall“, was in diesem Fall besonders gut passt, denn in der nächsten Zeile des Lieds folgt die Bitte: „komme du und sag mir wohl, / wie ich mich verhalten soll, / wie, wie ich mich verhalten soll“, woraufhin die „trapsende Nachtigall“, aka Treuhandanstalt/BVS, den Richtern des 22. Senats sagte: erfindet irgendeinen Grund, den Beschluss des 12. Senats aufzuheben.
Aber nicht nur die Zuständigkeit ging mit Wirkung vom 1.1.2015 vom 12. Senat auf den 22. Senat über. Gleichzeitig wurde Herr Dr. Sdorra aus dem 12. Senat an den 22. Senat versetzt und war dort wieder der Berichterstatter für diesen Fall.
Die trapsende Nachtigall behauptete mit Schriftsatz vom 7.1.2015, dem Tag der Abgabe des Verfahrens an den 22. Senat, dass die Verwaltungsvereinbarung vom 13.12.1963, das Statut des Aufbau-Verlages vom 10.1.1961 und das Abkommen vom 27.2.1964 dem 12. Senat nicht vorgelegen hätten. Die Beschwerdegegner widerlegten diese Behauptung durch den eindeutigen Nachweis in den Akten und bekräftigten auch in den nachfolgenden Jahren durch neu aufgefundene Dokumente (z. B. die 1984 angelegte Verlagskartei des Justiziariats im Ministerium für Kultur) oder neue Tatsachen (z. B. die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung vom 15.10.2018 durch Herrn Klaus Höpcke ) das fortbestehende Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag und wiesen auf die lange Verfahrensdauer hin.
Die Beschwerdegegner rügten am 25.1.2019 nochmals die lange Verfahrensdauer, da seit der bindenden Entscheidung des 12. Senats inzwischen fünf Jahre ohne erkennbaren Fortschritt verstrichen waren und keine neuen Tatsachen vorlagen, die dem Beschluss des 12. Senats widersprachen. Am 3.4.2019 stellten sie schließlich gegen die mit dem Verfahren befassten Richter des 22. Senats den Antrag auf Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit und begründeten dies mit deren Untätigkeit.
Herr Dr. Sdorra, der mit der Hälfte eines Richterpensum zur Schwerbehindertenvertretung freigestellt ist, meldete sich umgehend „längerfristig krank“ und konnte angeblich deshalb zu dem Vorwurf der Untätigkeit keine dienstliche Erklärung abgeben. Der Vorsitzende Richter Dr. Müther erklärte sich am 6.6.2019 für nicht befangen. Für die Bearbeitung der Sache sei Dr. Sdorra zuständig gewesen. Ihm selbst hätten die Akten seit dem 1.1.2015 bis zum 4.4.2019, dem Eingang des Befangenheitsgesuchs, nur einmal vorgelegen, nämlich am 29.4.2015 wegen einer Sachstandsanfrage des AG Charlottenburg. Der Befangenheitsantrag wurde zurückgewiesen, die Richter des 22. Senats blieben weiter zuständig.
Der Senat führte am 29.7.2019 eine Vorberatung durch und erteilte am 1.8.2019 einen gerichtlichen Hinweis zur Sache, der erkennen ließ, dass die daran beteiligten Richter längst bekannte und entscheidungserhebliche Umstände und Tatsachen, insbesondere die gesamten Ausführungen aus dem grundlegenden Schriftsatz vom 22.5.2014, nicht erkannt und berücksichtigt hatten. Das vertiefte bei den Beschwerdegegnern die seit längerem bestehende Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem erkennenden Senat.
Daraufhin beantragte der Anwalt der Beschwerdegegner die Einsicht in die Gerichtsakten und stellte fest, dass darin die vom Vorsitzenden Richter Dr. Müther am 1.8.2019 erlassene Verfügung in zwei Fassungen vorlag. Die bisher unbekannte Fassung enthielt den folgenden zusätzlichen Passus:
„Herr Rechtsanwalt Schrader wird gebeten, seinen Schriftsatz vom 22. Mai 2014 mit Anlagen (nochmals) einzureichen. Dieser ist in den Registerordner(n) nicht zu finden. Er ist offenbar nicht eingescannt worden und demgemäß auch hier für die Akten nicht ausgedruckt worden.“
Der Senat hatte schließlich festgestellt, dass der Schriftsatz vom 22.5.2014 von den Beschwerdegegnern zwar am 23.5.2014 eingereicht worden, aber nicht in der ihm seit fünf Jahren vorliegenden Verfahrensakte war. Das Gericht hatte den zentralen Vortrag der Beschwerdegegner nicht zur Kenntnis genommen, auch nicht bei der Vorberatung am 29.7.2019, obwohl er physisch im Gericht vorhanden war. Erst am nächsten Tag wurde der Schriftsatz schließlich aufgefunden. In der Verfügung vom 1.8.2020 wurde daraufhin die Aufforderung zur erneuten Abgabe des Schriftsatzes vom 22.2.2014 gestrichen, aber das Ergebnis der Vorberatung, die ohne dessen Berücksichtigung erfolgt war, unverändert herausgegeben. Offensichtlich hielt der Senat den zentralen Vortrag der Beschwerdegegner für nicht erwägenswert.
Bei der Akteneinsicht wurde weiter festgestellt, dass ein umfangreicher Schriftsatz der bekannten BVS/Nachtigall vom 11.1.2019, den Beschwerdegegnern nie zugestellt worden war. Die Beschwerdegegner richteten wegen dieser unzulässigen Verfahrensführung eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des Kammergerichts, baten um die Bestätigung der Vollständigkeit der Akten und stellten am 21.8.2019 erneut einen Befangenheitsantrag gegen die beteiligten Richter des 22. Senats, allerdings ebenfalls ohne Erfolg.
Kurz danach verließ Herr Dr. Sdorra, der wie alle Richter nicht gegen seinen Willen versetzt werden darf, den 22. Senat, wodurch der Befangenheitsantrag gegen ihn erledigt war. Den Antrag gegen den Vorsitzenden Dr. Müther und die anderen beteiligten Richter wurde abgewiesen. Danach übernahm der Vorsitzende ab dem 2.3.2020 selbst die Berichterstattung und in noch nicht mal drei Monaten erledigte er, was sich Dr. Sdorra in fünf Jahren nicht getraut hatte.
Der Antrag auf Löschung der Eintragung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ wurde am 13.5.2020 zurückgewiesen und das Verfahren eingestellt.
Der Beschluss des 22. Senats vermeidet zwar bewusst die unhaltbare eigene Feststellung, dass der Aufbau-Verlag volksseigen gewesen sei und behauptet unter Verweis auf bruchstückhaft und zusammenhanglos herausgegriffene Umstände und Äußerungen von Dritten nur angebliche Zweifel, mit denen der Senat sich über den Vortrag der Beschwerdegegner hinwegsetzt. Angebliche Zweifel statt neuer relevanter Tatsachen, sind aber kein ausreichender Grund, die bindende Entscheidung des 12. Senats aufzuheben.
Angesichts des § 339 StGB (Rechtsbeugung) erschien den Richtern die Erfindung irgendwelcher Zweifel vorsichtiger als die Erfindung neuer Tatsachen, die leicht widerlegt werden können. Die schon vom 12. Senat festgestellten Tatsachen wurden deshalb von ihnen anders „bewertet“. Diese andere Bewertung wurde zum Vorwand ihrer willkürlichen Entscheidung, den Beschluss des 12. Senats aufzuheben. Dieses Verhalten ist angesichts der Bindungswirkung dieser Entscheidung an dem Beschluss des BGH aus dem Jahre 2007 im Prozess um die Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag zu messen, mit dem er die Zurückweisung der Rechtsmittel der Treuhandanstalt/BVS begründet: die Sache „ist richtig entschieden […] Die Angriffe der Revisionsführer laufen im Ergebnis darauf hinaus, dass sie diese rechtlich einwandfreie tatrichterliche Würdigung nicht gelten lassen, sondern sie – unzulässigerweise – durch ihre eigene Bewertung ersetzen wollen.“ Das Kammergericht setzt sich über diese Entscheidung genauso hinweg, wie über die nachfolgenden Entscheidungen des BGH vom 27.9.2010 und vom 12.7.2011.
Die „eigene Bewertung“ der bereits vom 12. Senat bewerteten Tatsachen und Dokumente bewirkte auch die Verfälschung des längst vom 12. Senat akribisch ermittelten Sachverhalts: Im Beschluss des 22. Senats wird u. a. fälschlich behauptet, ich hätte die – nichtexistierenden – Geschäftsanteile persönlich von der Treuhandanstalt „erworben“ und anschließend an die Beschwerdegegner weiterveräußert. Den Beschwerdegegnern wird unterstellt, sie hätten in dem Verfahren das Weiterbestehen der „Aufbau-Verlag GmbH (alt)“ behauptet und den in HRC eingetragenen organisationseigenen Betrieb des Kulturbunds als Scheingesellschaft bezeichnet, was dann lang und breit widerlegt wird. Das OLG Frankfurt hat dagegen in den genannten Zivilverfahren (u. a. in II ZR 213/06 vom BGH bestätigt) entschieden, dass die „Aufbau-Verlag GmbH (alt)“ im Jahre 1955 durch die Umwandlung des Verlages in einen organisationseigenen Betrieb des Kulturbunds untergegangen und die 1990 eingetragene vermeintliche „Aufbau-Verlag GmbH im Aufbau“ eine Scheingesellschaft gewesen ist.

Unter Bezug auf die – bereits vom 12. Senat umfassend geprüften – Registerakten wird als entscheidungserheblich darauf hingewiesen, dass die nach Ermächtigung des Präsidenten des Kulturbunds beantragte Eintragung des Aufbau-Verlages als organisationseigener Betrieb des Kulturbunds in das Register der volkseigenen Wirtschaft nicht auf Anordnung der Abteilung Justiz, sondern – wie bei allen anderen organisationseigenen Betrieben, auch denen der SED, von dem dieser Behörde vorgesetzten Sekretär des Magistrats von Groß-Berlin, Abteilung Finanzen (staatliches Eigentum) – unter Hinweis auf die Rechtsgrundlage – erfolgt sei. Besonders wird hervorgehoben, dass sich auf dem Deckel der Registerakte – die auch dem 12. Senat vorgelegen hatte – die Aufschrift „Volkseigentum“ steht (was dadurch erklärbar ist, dass es sich um das Register der volkseigenen Wirtschaft handelt) und der Verlag als Träger von Volkseigentum ausgewiesen wird. Der Kulturbund sei auch nie als übergeordnetes Organ im HRC eingetragen gewesen (Auch die SED war dort für ihre vom Druckerei- und Verlagskontor bzw. später von der HV Verlage und Buchhandel verwalteten Betriebe nie eingetragen). Außerdem habe der Kulturbund im Jahre 1990 – wie aus den Registerakten ersichtlich – selbst vortragen lassen, dass die Eintragung in das HRC zur Entstehung von Volkseigentum am Aufbau-Verlag geführt hatte .

Schon meine auf den Seiten 114 bis 120 dieses Buches enthaltene kurze Darlegung des Ablaufs der Registereintragungen lässt jeden objektiven Betrachter erkennen, dass die Ausführungen des 22. Senats gezielt falsch und abwegig sind. Da alle vom DKV verwalteten organisationseigenen Verlage auf diese Weise umgewandelt wurden, unterstellt der 22. Senat, dass sich die alleinherrschende SED ebenso wie der Kulturbund, der FDGB und andere Organisationen hinsichtlich ihrer im HRC eingetragenen Verlage selbst enteignet hätten . Die Beschwerdegegner haben zu den umfangreichen Registerakten und den dortigen Eintragungen, nach denen z. B. der 1. Bundessekretär des Kulturbunds, Karl Kneschke , als Geschäftsführer des Verlages auch in das Register C eingetragen wurde, und zu der Rechtsträgerschaft an den Grundstücken des Verlages sehr detailliert und mit zahlreichen Dokumenten unterlegt vorgetragen. Die gezielte Übergehung dieses Vortrags ändert nichts an dessen Relevanz, sondern macht die vorsätzliche Rechtsbeugung anhand der substanzlosen Behauptungen des 22. Senats offensichtlich.

Der 12. Senat hatte den Sachverhalt anhand der vorliegenden Akten erschöpfend ermittelt und die relevanten Dokumente geprüft und seiner – auch den 22. Senat bindenden – Entscheidung zugrunde gelegt. Neue Tatsachen oder Dokumente, die dieser Entscheidung widersprachen, lagen dem 22. Senat nicht vor. Dessen Behauptung, der Aufbau-Verlag sei möglicherweise – irrtümlich oder unbeabsichtigt oder sonst irgendwie – durch die Registereintragung in 1955 zu Volkseigentum geworden – ist angesichts der Akten- und Rechtslage eine freche Lüge, die sonst nur noch von der Treuhandanstalt/BVS als „Rechtsmeinung“ verhüllt in sämtlichen Zivilverfahren vorgetragen worden ist.

Bei der „neuen“ Bewertung der altbekannten Tatsachen hat der 22. Senat allerdings eine einzige wirklich neue und sehr „originelle“ Erwägung als zentralen Grund für seinen Beschluss angestellt:
„Schließlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Verlag jedenfalls Anfang 1990 in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt hat.“

Die Vorstellung, dass der Aufbau-Verlag „sich“ aus einer organisationseigenen Raupe in einen volkseigenen Schmetterling umgewandelt hat, dem Kulturbund davongeflogen ist und von der bekannten Nachtigall aufgepickt wurde, wäre zwar den Dichtern der Romanik nicht fremd, hat aber keinerlei gesetzliche Grundlage. Diese Behauptung ist stattdessen die von der bekannten Nachtigall/BVS geforderte freie Erfindung irgendeines Grundes, den Beschluss des 12. Senats aufzuheben.
Es wurden keine neuen Tatsachen vorgetragen oder Dokumente vorgelegt, außer solchen, mit denen die Beschwerdegegner das Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag zweifelsfrei bestätigten. Unter Mißachtung der Bindungswirkung der Entscheidung des 12. Senat „beurteilten“ die Richter des 22. Senats contra legem die bereits seit Jahr und Tag aus den Akten des Handelsregisters und dem Vortrag der Beteiligten bekannten Tatsachen anders als der 12. Senat in dem bindenden Beschluss vom 16.12.2013.
Die Richter des 22. Senats unter dem Vorsitz von Dr. Müther kühlten ihr „Mütchen“ in dem sie am 13.5.2020 der Beschwerde der Treuhandanstalt/BVS stattgaben und das Amtsermittlungsverfahren einstellten.
Einen inhaltlich der falschen „Begründung“ dieses Beschlusses sehr ähnlichen Schriftsatz der Nachtigall/BVS vom 9.4.2020 stellte der 22. Senat den anderen Beteiligten erst gleichzeitig mit der Einstellungsverfügung zu.
Diese gezielte Verweigerung des rechtlichen Gehörs ist eine demonstrative Retourkutsche für den (allerdings gerechtfertigten) Vorwurf der Befangenheit dieser Richter.
Der rechtswidrige Umwandlungsvermerk im Handelsregister: „Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau, entstanden nach dem Treuhandgesetz durch Umwandlung des Aufbau-Verlag Berlin und Weimar“ bleibt deshalb bis auf Weiteres eingetragen und verkündet öffentlich die Unwahrheit, dass auch organisationseigene Betriebe durch das Treuhandgesetz in GmbH i. A. der Treuhandanstalt umgewandelt werden konnten.
Das Kammergericht ist für solche Fälle die höchste Instanz. Darüber ist nur noch der „blaue Himmel“ und der ist bekanntlich das Reich der Nachtigall.“